Missionsdesign als Balancing – ein Weg zu mehr Vielfalt in 40k?

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Ein Gastartikel von Martellus

Die Frage geht wie ein Lauffeuer durch die Warhammer 40k Foren! Brauchen wir Armeebeschränkungen, Verbote von Einheiten oder sogar den Ausschluss von Völkern im Spielsystem 40k. Viel ist dazu gesagt worden. Einiges war Schwachsinn. Vieles aber eben auch nicht. Denn letztlich bleibt bei vielen Spielern der Eindruck bestehen, dass man turniertechnisch der Eskalationsbewegung von GW nur so entgegentreten könnte.

Die folgenden Gedanken sind die Ergebnisse eines längeren Gespräches mit Olli von den BTVler aus Bremen. Wir haben uns auf dem Da Conflict in Hamburg darüber unterhalten, wie man unser geliebtes Brettspiel und Hobby wieder spieler- und vor allem turnierfreundlicher gestalten könnte. Unser Fazit war, dass selbst auf einem so reglementierten Turnier wie dem Da Conflict in Hamburg, auf dem ganz andere Turnierinhalte eine Rolle spielen, was ich persönlich als sehr erfreulich und angenehm empfand, einige Armeen immer noch unbesiegbar erschienen. Um eventuellem Rumgeheule vorzubeugen, ich weiß, dass nicht die Armee ein Turnier gewinnt, sondern der Spieler. Aber die Unterschiede zwischen den Codices sind schon teilweise erdrückend groß. Als Beispiel sollen hier der Codex Grey Knights und der neue Eldarcodex aufgeführt werden.

In unserem Gespräch stellte sich schnell heraus, dass wir uns einig waren: Begrenzungen, Verbote oder sogar Verbannungen von Armeen oder Einheiten aus Codices zu vermeiden. Vielfalt, das muss das Ziel sein! Auf der Suche nach einer Lösung verlagerte sich unser Gespräch recht schnell in den Bereich der Armeeorganisation und schließlich landeten wir beim Missionsdesign. Fast aus der Banalität der Situation heraus, verglichen wir unsere Armeen und stellten schnell fest, dass diese für einige Missionen besser geeigneter waren als für andere. Olli war mit Tau angereist und er hatte den typischen Tauaufbau dabei…Beschuss aus der Hölle! Ich hingegen war mit meinen Space Wolves angetreten und hatte als Kern meiner Armee Donnerwolfkavallerie eingepackt, die von einem Hammerlord auf Wolf angeführt wurde. Das bedeutete, ran an den Feind! Die Tau sind eine relativ statische Armee, die sehr gut schießt. Während meine Wölfe eher in den Nahkampf wollen, daher also mobiler erscheinen und handeln. Also stellten wir grundsätzlich fest, dass jede Armee ihre Vor- und Nachteile im Missionsdesign hat. Nun fragen sich die Leser bestimmt, was will der Typ von uns! Das sind keine großen und neuen Wahrheiten. Jeder halbwegs im Hobby steckende Spieler kann diese Erfahrungen bestätigen und teilen. Aber genau an dieser Stelle setzten wichtige Überlegungen unsererseits ein!

Geht man die Liste der anstehen oder gerade gespielten Turniere in Deutschland durch, stellt man fest, dass diese im Missionsdesign relativ ähnlich organisiert sind. Es werden oft die Missionstypen Mahlstrom und Ewiger Krieg gemischt gespielt. Oft findet man eine Einteilung in Primär-, Sekundär,- und Tertiärmissionen vor. Die Wertigkeit kann dabei unterschiedlich ausgelegt sein und die Punktematrix liegt oft im Maximal- und Minimalbereich von 20:0/0:20. Durchbruch, Töte den Kriegsherren und Erster Abschuss werden dabei in unterschiedlicher Wertigkeit zusätzlich eingebracht bzw. in die Missionen integriert.

Olli und ich haben uns gedacht, was würde passieren, wenn die Turnierorganisation nur die Aufstellungsform (z.B. Aufmarsch) und die inhaltlichen Missionen (z.B. Kreuzzug und Taktische Eskalation) vorgibt. Zusätzlich könnte als dritter Missionstyp Killpoints hinzugefügt werden. Die Spieler am Tisch selbst entscheiden dann, welchen Missionstyp sie z.B. primär, sekundär oder tertiär festlegen wollen. Ich denke, dass dadurch viele Armeen, die durch das derzeitige Meta im 40k benachteiligt sind, auf den Turnieren gewisse Vorteile der Gegner ausgleichen und gleichzeitig ihre Stärken besser nutzen könnten. Ebenso, auch das ist meine rein persönliche Meinung, würde mehr das spielerische Können als die Armeeauswahl selbst das Spiel bestimmen. Aber wie könnte ein solches Verfahren nun aussehen und viel wichtiger, nach welchem Modus könnte es funktionieren?

Grundsätzlich könnte das ganze Spiel in folgender Art und Weise durchgeführt werden. Die Turnierorganisation gibt die Aufstellung und zwei Missionstypen vor.

Als Beispiel soll dienen:

Aufstellung:             Hammerschlag

Missionstypen:        a) Vernichte den Xenos (Ewiger Krieg)

  1. b) Säubern und Sichern (Mahlstrom des Krieges)

Jetzt treffen zwei Armeen aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein können. Spieler A hat eine Space Marines Droppodarmee dabei, die 28 Einheiten beinhaltet, die alle die Sonderregel Missionsziel gesichert besitzen. Spieler B stellt eine Grey Knight/Space Marines Todessternliste auf, die genau 10 Einheiten beinhaltet und nur drei Einheiten haben die Sonderregel Missionsziel gesichert vorzuweisen. Ich möchte dabei diese beiden extremen Beispiele von Armeekonzepten verwenden, um die Anschaulichkeit meiner Erklärungen zu verbessern.

Wenn jetzt die Orga den Missionstyp (Mahlstrom) vorgegeben hätte, wäre relativ klar, dass Spieler A einen erheblichen Vorteil auf seiner Seite hat. Spieler B könnte kaum die vielen Einheiten von Spieler A daran hindern, die Missionsziele zu punkten. Man kann davon ausgehen, dass Spieler A pro Spielerzug alle drei gezogenen Missionskarten erfüllen kann. Das bedeutet, dass Spieler A am Ende des Spieles zwischen 14-20 Siegespunkte erzielen wird. Ein Vorsprung, den Spieler B unmöglich aufholen oder verhindern kann. Ein Verlauf des Spieles ist damit relativ vorgegeben und offensichtlich.

Interessant wird das Spiel aber, wenn die Spieler nun zu Spielbeginn, nachdem sie die gegnerische Armeeliste gesehen haben, festlegen, welchen Missionstyp sie spielen wollen. Und das jeder Spieler für sich! Um diese Gedanken auf die Spitze zu treiben, könnte man die Spieler zusätzlich festlegen lassen, welche Missionen sie primär, sekundär oder tertiär spielen wollen. Aber das würde die Komplexität des ganzen Ablaufes massiv erhöhen und nicht unbedingt zur Spieldynamik beitragen.

Kehren wir zu dem Beispiel von oben zurück. Spieler A würde, wenn er eine der zwei Missionen wählen darf, sehr wahrscheinlich die Mahlstrommission spielen. Spieler B hätte jetzt die Option auf die Killpointmission, die in diesem Fall eine echte Chance für ihn darstellt. Denn wie ich oben erwähnte, wird Spieler A ca. 14-20 Siegespunkte erzielen. Spieler B kann jetzt pro Runde ausgleichen, wenn er drei oder mehr Einheiten vernichtet. Hinzu kommt, dass Spieler A seine Einheiten vorsichtiger und überlegter spielen muss, da er viele Einheiten verliert, die ihm wiederum fehlen, um die Missionsziele einzunehmen. Kurz gesagt, wir haben ein Spiel J!

Natürlich sind das nur Ideen, die noch nicht richtig fertiggedacht sind. Aber ich hoffe, sie erzeugen einen Ansatz, der dazu führt, die Armeevielfalt auf deutschen Turnieren wieder zu erhöhen. Es würde mich freuen, wieder mehr Tau, CMs, Dark Eldar, Grey Knights und Tyraniden auf Turnieren zu sehen. Gleichzeitig werden Diskussionen um Verbote von Einheiten überflüssig, da extreme Konzepte oft wenig Erfolg haben werden. Ausgeglichene Armeen sind dann der Schlüssel zum Erfolg und vor allem spielerisches Können! Mir ist klar, dass die Spitzenspieler der deutschen 40k Szene trotzdem ihre Turnierarmeen weiter spielen werden. Aber es kann nur im Sinne unseres Hobbys sein, allen Spielern die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Armeen erfolgreich in die Schlacht zu werfen bzw. eine echte Chance zu haben. Zudem denke ich, dass diese Form des Missionsdesigns die individuellen und taktischen Stärken der Spieler mehr fordert. Man muss seine Armee gut kennen und spielen können und in der Lage sein, auf die neue Spielsituation angemessen zu reagieren. Zudem wird die Armeekomposition für das Turnier viel anspruchsvoller und komplexer, da man sich auf die jeweiligen zu erwartenden Gegner einstellen muss. Die Armeelisten selbst könnten individueller aussehen und die sogenannten copy/paste Listen könnten weniger werden. Anders ausgedrückt, wer sich mehr Gedanken um seine Armee macht, wird am Ende vielleicht deutlich weiter oben landen.

Olli vom BTV hat das von uns angedachte Konzept in ein Turnierformat gepackt und ihr alle seid herzlich eingeladen, es zu testen. Informationen gibt es hier.

http://www.tabletopturniere.de/t3_tournament.php?tid=14764

In diesem Sinne…Feuer frei!

Frank „Martellus“ Stüdemann