Na, das hat mal für Aufregung gesorgt: Von der Industriemesse “Gama” in den Vereinigten Staaten haben wir erfahren, dass GW anscheinend das “organized play” wieder einführen will. Dazu schien es auf der Messe zwei explizite Sessions zu geben, wie man diesem auf BolS geposteten Timetable entnehmen kann:
“Build Community” hört sich erstmal nach Einsicht an, nach später Einsicht zwar, aber immerhin. Und zwar, jetzt kommt die aktuelle Interpretation des Interwebs, im Sinne der von uns allen so gern gesehenen Unterstützung für Turniere, für Grand Tournaments, für tuniertaugliche FAQs und lokale Stores. Schauen wir doch mal, was man bisher so zu diesem Programm lesen kann:
via BolS:
Details of the Organized Play program are sketchy, and I’m sure the full program will be rolled out over the next few months. But here are the broad brushstrokes of what was reported from the seminar:
- The Program will include Organized Play Systems for both Warhammer 40,000 and Age of Sigmar.
- There will be a “campaign system” for each game.
- Prize support is a part of the system.
- The system will engage players at the Store, FLGS, and Convention level.
and the big one…
The Age of Sigmar campaign will include some type of “points” system!
Aha, aha. Und wie soll das ganze aussehen? Na ungefähr so:
via BolS:
These samples appear to be Warhammer 40,000 related and show a “TANK SHOCK” event, with “Engines of War” and “Armoured Escalation:Youngbloods” sub-categories. The prizes are broken down into Gold, Silver and Bronze levels. The top image shows “Tank Ace” and “Tank Hunter” pins, plus what appears to be sheets of heavy cardstock punchout tokens. On the lowermost image we see a stack of fliers for the “TANK SHOCK” event and the phrase “Awesome Activities In-Store”
Damit sind wir zwar noch nicht ganz auf dem Niveau von FFG und ihren X-Wings oder von Wizards of the Coast und deren 250.000 $ Preisgeldern. Aber es sieht nach einem Anfang aus. Einfach awesome!
Wenn es denn so kommt, sollte uns das doch alle glücklich machen, oder? Schließlich ärgern wir Turnierspieler uns ja in letzter Zeit hauptsächlich damit rum, dass die Zerfaserung der Turnierszene in mikrokospische Einzelteile mit noch mikroskopisch genaueren Turnierregeln (die aber nur für das eigene Turnier gelten) zu einem grundsätzlichen Motivationsverlust geführt hat. Bei mir – aber sicher auch bei vielen Kollegen. Wer (von uns) kauft denn noch 120 Euro Modelle, die GW ja eigentlich dringend vermarkten möchte, um sie in die Vitrine zu stellen? Ja klar, die “große Menge an Hobbyisten”. Die machen das vielleicht. Aber unsereins, die Turnierspieler, die mit den 8 Armeen zu je 4000 Punkten, die wirken derzeit insgesamt ein bisschen frustriert mit der Richtung, die GW eingeschlagen hat und danach folgerichtig auch unsere Turnierszene. Das ist doch das eigentliche Problem, oder?
Vielfach liest man schon (und das sogar in unseren internen und internationalen ETC Gruppen und Foren), dass jetzt Hoffnung besteht. Endlich nimmt sich der allmächtige Hersteller unserer Probleme an. Endlich wird Turnier 40k wieder in besseres Fahrwasser gelangen. “Offizielle” Turniere – woho – mit Kettenschwertern oder Servoschädeln als Pokale!
Kommt GW also jetzt vom Berg herab und verkündet die Erlösung?
Ich denke nicht…
Ich denke eher, dass GW mit diesem Programm ein Problem lösen will, dass uns hier alle nicht die Bohne interessiert. Nur leider interessiert sich GW auch nicht die Bohne für unser Problem, daran wird auch “organized play” nichts ändern.
Was GW hier vor hat, sieht für mich mehr nach einer Marketingstrategie für die Gewinnung junger Hobbyisten aus, als nach einer neuen Turnierserie mit dem parallelen Release von turnierfähigen Formatregeln und FAQs. Die bisher bekannte Palette an Giveaways deutet klar in eine Richtung: Narrative Play. Sicherlich wird GW Events ausloben, zu denen in die eigenen Stores geladen wird, vielleicht in die Hobbyläden von unabhängigen Händlern…und mit ein bisschen Glück sogar zu zentralen und größeren Turnieren. Wird es nebenbei so etwas wie das frühere Grand Tournament geben? Vielleicht. Wird es im Grundsatz aber eher darum gehen, aus einem Kampagnen-ähnlichen Setting heraus möglichst viele Baneblades zu verkaufen? Ganz sicher.
Es wird White Dwarfs Fotos von zahnspangen bewehrten Youngbloods geben (nichts gegen Zahnspangen oder Teenager), die stolz vom Gewinn der “Store Championship” im “Tank schocken” künden. Es wird kilometerlange Spieltische geben, auf denen die “Amoured Escalation Campaign” ausgetragen wird, passend zu der ein “Escalation” Bundle aus vier Chimären, zwei Leman Russ und dem speziellen Baneblade “Finsterer Fürst der Fernichtung” in den online Shop gestellt wird. Das ist schön. Und gibt vielleicht sogar eine halbherzige Antwort auf die Frage, wie man mehr Menschen ans Hobby ketten kann.
Unser aktuelles Problem wird GW damit aber nicht lösen, denn unser aktuelles Problem sind nicht zu wenig Turniere, zu wenig Fotos im White Dwarf oder marginaler Preissupport von GW, unser Problem heißt: Armeeaufbau. Und zwar in der grundsätzlichsten Lesart des Begriffs.
Viele von uns gehen schon seit einiger Zeit gemeinsam durch die Höhen und Tiefen, die uns dieses Hobby bereitet. Und wir haben uns auch schon gemeinsam grün darüber geärgert, dass GW einfach nicht verstehen will, wenn diese oder jene Regel mal wieder ein gröberes Problem für (Turnier) 40k Spiele darstellt. Aber wir haben Abhilfe schaffen können. Und im Ernst: Wer diese oder jene Regel anders spielen wollte, als auf diesem oder jenen Turnier, die fuhr eben nicht hin, wenn es denn so ernst war. Was es eigentlich nie war, denn die Hauptsache war, dass alle nach den gleichen Regeln spielten.
Jetzt aber hat GW schleichend ein viel fundamentaleres Problem für uns Turnierspieler kreiert. Wir streiten uns nicht mehr darum, wie wir genau spielen wollen, wir streiten uns darüber, ob wir überhaupt eine gemeinsame Basis für ein Spiel finden. Ob wir eigentlich gemeinsam Armeen aufbauen wollen. Denn hier sollte man sich keinen Illusionen hingeben: Auf Turnierniveau sorgen Regeln mit Forgeworld, Escalation, Titanen und 10 Wraithknights für ein völlig andere Spiel als Regeln, die ein Detachment und keine Lords of War erlauben. Wer Turniere mit Ambitionen spielt, und mit seinem Messer (“normale 40k Armee”) zum Artilleriegefecht (“nach loseren Turnierregeln mögliches Powercap) erscheint, der geht frustriert nach Hause. Jeder mit etwas GMV weiß das vorher und spielt entweder nach den Turnierregeln oder fährt eben gar nicht erst hin. Sicherlich sind die Menge und Schlagzahl an Neuerscheinungen im Bereich 40k und die mittlerweile endlose Kombinatorik hier wichtige Faktoren. Unser Problem liegt aber tiefer.
Leider hat sich mittlerweile sehr klar herausgestellt, dass wir als “Turnierszene” nicht in der Lage sind oder waren, hier zu einem einheitlichen Standard zu gelangen, der eine gewisse Planungssicherheit für Spieler herstellen würde. Geht es nur mir so oder schaut ihr nicht auch hin und an durch T3 und lest die Turnierregeln, nur um dann festzustellen, dass ihr Eure aktuelle Lieblingsarmee (immerhin bemalt usw.) so bei Turnier A nicht spielen dürftet, bei Turnier B schon (wo aber noch viel mehr möglich wäre) und Turnier C sich für eine völlig neue Art von Fruchtsalat entschieden hat, für dessen Verständnis allein ein Bachelorstudium nicht reichen dürfte? Und was ist die Konsequenz? Kauft man sich nun Modelle, klebt sie und malt sie an, um auf die Turniere A/B/C fahren zu können, wohlwissend, dass es sich jeweils um völlig unterschiedliche Neuanschaffungen handeln würde? Und nebenbei außerdem mit dem Wissen, dass man in vier Wochen wieder vor der gleichen Entscheidung steht, weil die Turniere D, E und F wiederum neue Standards etablieren wollen, die Euren Geldbeutel und Eure abendliche Freizeit mit der Freundin strapazieren? Oder beschränkt man seine Aktivitäten tatsächlich selektiv auf das eine Turnier im Jahr, auf dem zufällig genau das erlaubt ist, was man zu Hause im Schrank hat, in das man (echte) Liebe, Zeit und Geld investiert hat und das zu spielen einfach Spaß verbreitet – das man einfach gerne spielen möchte? Viele Spieler scheinen aktuell diesen Weg zu gehen.
Meine Konsequenz in Anbetracht dieser Entscheidung war eher schockierte Stangnation. Ich weiß nicht ein noch aus. Ich mag 40k und ich werde es auch weiterhin spielen. Aber ich möchte mir keine 60% Neuanschaffungen pro Turnier zumuten. Da sitze ich also und warte auf Besserung. Die Hoffnung ist noch da, aber wahrscheinlich heißt sie nicht GW. Denn die wirklich entscheidende Konsequenz dieser Entwicklung ist die emotionale: Ich will das Zeug was ich kaufe, baue und male, und manchmal auch “trainiere”, auch mehr als einmal spielen können. Ich will mich reindenken, Tricks entwickeln, Spielpraxis kriegen, das “Meta” verstehen und lesen, mal was anderes probieren und dann die alte Armee wieder aus dem Schrank holen. Das macht einfach Spaß. Die aktuelle Aussicht, für ein Wochenende Turnier-40k unter den für mich Spaß kreirenden Vorzeichen, 2 Monate Planung, Geld und Freizeit zu opfern löst bei mir Übelkeit aus. Es ist schlicht keine nachhaltige Investition. Es gibt keinen “replay value” mehr (wie man so schön sagt). Und das ist doch eine ziemlich vernichtende Aussage gegenüber dem Aufwand, den man aktuell betreiben müsste. Also lasse ich die Finger davon. Natürlich gibt es hier und da Turniere, die mich reizen. Natürlich könnte ich mich mal hinsetzen und was Neues malen. Aber ich muss emotional einfach langfristig mehr Freude und Zufriedenheit aus den notwendigen Neuinvestitionen ziehen können, als es aktuell der Fall ist. Und so macht es einfach keinen Spaß. Das hat dann also auch tatsächlich nur noch wenig mit dem einzelenen Turnier zu tun oder dem Meta oder meinen Armeen. Es hat (für mich das erste Mal) etwas mit dem Hobby in seiner Gesamtheit zu tun.
Ich glaube fast, ich bin damit nicht alleine. Ich glaube auch, dass diese Entwicklung eine Einstiegshürde für Neulinge in die Turnierszene aufgestellt hat, die sehr hoch ist. Und das ist schade. Beides. Habe ich eine Lösung parat? 40kings ist doch sonst immer so konstruktiv. Leider nein. Heute nicht. Meine Message ist einfach:
GW wird für seine “organized play” Serie leider keine Anstalten machen, den Armeeaufbau konsitent zu reglementieren. Haben wir doch alles geklärt oder? Guckt doch einfach ins Regelbuch…oder werft einen Würfel falls ihr euch nicht einigen könnt.